Letztens waren wir im “Stadtpark” spazieren. So nenne ich diesen Park, der mitten in der Stadt, nicht weit vom Meer entfernt, gelegen ist. In Wirklichkeit heißt der Park „Schlosspark“ (Castle Park). Woher der Park diesen Namen hatte wusste ich anfänglich auch nicht. Ich dachte mir, vielleicht wegen des Rathauses, das aussieht wie ein Schloss. Bei meinen Recherchen bin ich dann jedoch darauf gestoßen, dass in der Tat auf dem Gelände früher einmal sogar zwei Schlösser gestanden hatten.
Der gesamte Grundbesitz war ursprünglich – so wurde mir gesagt – mit einer Mauer eingezäunt gewesen und gehörte seit 1605 der „Ward Family“. Ein Pförtnerhaus an der heutigen Hauptverkehrsstraße in Bangor erinnert noch daran.
Das Rathaus von Bangor ist jedoch vergleichsweise neueren Datums. Es wurde 1852 als Landsitz von einem schottischen Architekten gebaut. 1941 kaufte die Stadt das Gebäude mitsamt seinen 155 Morgen Land. Heute ist darin der North Down Borough Council (Gemeinderat) untergebracht.
Das verschnörkelte Gebäude liegt oben an einem Hang. Man kann es von weitem sehr gut sehen, denn nichts trübt den Blick auf dieses alte wunderschöne denkmalgeschützte Sandsteingebäude, das mit seinen Verzierungen in der Tat wie ein Schloss aussieht. Kein Mensch würde auf Idee kommen, dass hier das Rathaus von Bangor mit allen Drum und Dran untergebracht ist. Hier finden sowohl die wöchentlichen Ratssitzungen statt, als auch Trauungen. Man kann sich hier über die Müllabfuhr erkundigen, einen Todesfall melden, oder ein Geschäft anmelden. Aber, da es generell keine Meldepflicht im Vereinigten Königreich (United Kingdom) gibt, kann man sich nirgends, auch nicht im Rathaus mit seinem Wohnsitz anmelden. Unglaublich aber wahr!
Man kann mir glauben, dass mir es sehr schwer fiel zu verstehen, dass ich mich hier nicht polizeilich anzumelden brauchte. Zumal ich bevor ich nach Nordirland kam, in Belgien gewohnt hatte, wo die Bürokratie ja noch umständlicher ist, als in Deutschland. Also: eine Meldepflicht gibt es hier nicht und ich komme mir immer noch so vor, als ob ich hier im Urlaub, also nur vorübergehend, bin.
Alle 4 Jahre werden übrigens 25 „Councillors“ (Ratsmitglieder) gewählt, die aus fast allen in Nordirland vertretenen politischen Parteien stammen. Aus der Mitte der Ratsmitglieder wird der Bürgermeister (das kann auch eine Frau sein) gewählt, der jährlich wechselt. Ein wenig erinnert mich die Inneneinrichtung an das Rathaus in Hamburg. Da ist auch alles mit Holz vertäfelt, was dem Ganzen einen sehr eindrucksvollen, eher schweren, Charakter verleiht. Es gibt so viel ich gehört habe, an die 35 Zimmer in dem alten Gebäude. In dem ursprünglich großen Salon, wo ehemals die Musikabende stattfanden, tagt heute der Gemeinderat. Im Ratssaal, also dort wo die wöchentlichen Ratssitzungen stattfinden, hängen große Ölgemälde an den hohen, holzvertäfelten Wänden. Ich weiß nicht weshalb das in alten Gebäuden wie z.B. Schlössern immer so zu sein scheint – man kommt sich vor wie ein kleiner „Wicht“ angesichts dieser in Ölfarben festgehaltenen Persönlichkeiten, die da auf einen herabblicken.
Direkt an den hinteren Teil des Rathauses angrenzend, befindet sich ein kleines Heimatmuseum und es lohnt sich, ihm einen Besuch abzustatten.
Hier erfährt man einiges über die frühe Geschichte von Bangor und Umgebung. Vor allem über die frühe christliche Geschichte, die eng mit Bangor Abbey und deren Missionare (Gall und Columbanus), verknüpft ist. Dort gibt es auch (in Nachbildung) eine Mönchshütte zu sehen. Man kann diese Hütte betreten, um nachzuempfinden wie das Leben in Bangor in frühchristlicher Zeit war.
Ein weiteres Kleinod ist der „walled Garden“, der seit 2009 wieder für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Dieser mit Ziegelsteinen ummauerte Garten war von der Ward Familie in den 40er Jahren des 19. Jh. angelegt worden und galt lange als „secret garden“. Vor allem Kinder, die in der Nähe des Gartens spielten, dichteten diesem Stück des Parks etwas Spukhaftes an.
Für mich immer wieder ein Erlebnis der besonderen Art ist das Arboretum, der Baumgarten, der eine breite Palette an Bäumen aus Ländern nah und fern darbietet.
Auf dem 155 Morgen großen Areal sind z.T. sehr alte Bäume untergebracht. Einige stammen aus fernen Teilen der Welt, wie z. B. der Eucalyptus, einige der Bäume sind typisch irisch, wie z.B. die irische Eibe, die angeblich vor 200 Jahren von einer „nicht normalen“ englischen Eibe durch einen Ableger gezüchtet wurde.
Vor hunderten von Jahren schon gepflanzt, verleihen die Bäume dem Ganzen in der Tat so etwas wie ein Zauberwald.
Ein Spaziergang – egal zu welcher Jahreszeit – ist jedenfalls immer ein Genuss.
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