Letztens hatten wir wieder so ein Wetter, dass man meinen
konnte, die Welt ginge unter. Am Nachmittag brach jedoch zum Glück die dicke
graue Wolkendecke ein wenig auf und der Sturm, der hier seit Tagen wütete, war
wie von Geisterhand gesteuert plötzlich verschwunden.
Wir beschlossen das Risiko, im Matsch zu versinken,
einzugehen und mit den Hunden einen Spaziergang zu machen. Zum Glück haben wir
quasi alles, wo man so schön die Seele baumeln lassen kann, bei uns in der Nähe:
Berge, Meer, Täler und vieles mehr. Also machten wir uns auf den Weg zu den
alten Bleiminen, was heute der „Whitespots Country Park“ in der Nähe des Ortes
Conlig ist.
Der von Bäumen völlig überdeckte Weg führte in
Schlangenlinie recht steil nach oben. Es war ziemlich düster, da das Wenige an
Sonne, das manchmal durch die Baumwipfel schien, nicht bis auf den Weg durchdrang.
Ein wenig Bange war mir schon. Nicht nur, weil der Weg so einsam und dunkel
war, aber auch, weil der steile Abhang gerne von Gelände-Bikern benutzt wird,
um mit ihren Motorrädern da hinunter zu rasen – auch wenn dies strikt verboten
ist. Meine Hunde lasse ich aus Sicherheitsgründen deshalb immer angeleint an
der langen Leine laufen.
Ich kann mich noch daran erinnern, dass mein Hund Jack sich
bei unserem letzten Spaziergang vehement geweigert hatte, auch nur einen
Schritt auf dem steinigen und morastischen Weg zu tun. So war es dann auch
heute mit unserer Susi. Sie blieb wie angewurzelt stehen. Selbst wenn man sie
sanft zog, machte sie keine Anstalten, den sich windenden Weg hochzulaufen. War
es aus Sympathie mit dem inzwischen verstorbenen Jack oder hat dieser recht düstere
Weg etwas, was den Hunden nicht gefiel? Wie dem auch sei, unser neuer
Mitbewohner Chico, ein junger Chihuahua Rüde, kennt scheinbar keine Angst und
lief, wie übrigens auch Mini, ganz munter und vergnügt den hügeligen und
unebenen Weg nach oben.
Je höher wir kamen, desto weniger wurden die Bäume und der
Weg wurde heller. Am Wegesrand hatten sich Farne und Brombeerhecken
ausgebreitet. Keine Menschenseele war zu sehen. Es war angenehm still. Man
hörte nur das Zwitschern eines Vogels, den ich aber in dem vielen grünen Geäst
nicht sehen konnte, und das vertraute Meckern von Schafen in einiger
Entfernung, die ich ebenfalls nicht ausmachen konnte.
Oben endlich angekommen, bot sich wieder einmal ein fantastisches
Bild, das ich gar nicht mit Worten zu beschreiben vermag.
Trotz der herrlichen
Aussicht wirkte die Gegend allerdings etwas gespenstig. Auf einem der alten
verfallenen Türme saß ein Vogel, der sich, als er uns sah, seine Flügel
schwingend davon machte. Rechts davon war ein großer kahler Platz auf dem dicke
Steinbrocken herumlagen, so als ob sie einst von Riesen dahin geworfen worden
waren. So unberührt wie die Natur hier oben war bzw. ist, kann man der Fantasie
freien Lauf lassen. Wer weiß, vielleicht feiert ja das „kleine Volk“, wie Feen
und andere Naturwesen auch hier genannt werden, dort nachts seine Feste und
Rituale.
In einiger Entfernung ist hingegen ein Golfplatz, die es
hier in Nordirland überall gibt, und dort sah man ein paar Golfspieler entlang
laufen. Das brachte mich dann schnell wieder in die Realität zurück.
Man kann sich gar nicht vorstellen, dass hier einst (seit
ca. 1780) eine Mine ware, wo bis Ende des 19. Jh. Blei abgebaut wurde. Damals war
dies sogar die größte Mine in ganz Irland. In seinen Bestzeiten waren bis zu
400 Arbeiter dort beschäftigt. Der Lohn für diese Knochenarbeit betrug damals
10 Shilling pro Woche (umgerechnet ca. 70 Cent). Alles, was heute noch an diese
einst blühenden Industrie erinnert, sind verfallene Gemäuer, bewachsene Abraumhalden,
Tailings (Rückstände von unerwünschtem zerkleinertem Erz) und bedeckte
Schächte. Unterirdisch sollen sich noch sechs Meilen an Schächten und Ebenen
befinden und noch ca. 1400 – 1600 Tonnen Bleierz, was allerdings zu teuer ist,
um es abzubauen.
Sie war von der Minengesellschaft zum Korn mahlen übernommen worden
Interessant zu wissen ist vielleicht noch, dass 1910 eine
Gruppe deutscher Ingenieure Interesse an der Bleimine bekundeten. Doch es
fanden sich keine irischen Investoren und das ganze Unterfangen wurde nach 2
Jahren wieder eingestellt. Während die Deutschen, bis auf einen, zurück nach
Deutschland kehrten, um im Ersten Weltkrieg dem Vaterland zu dienen, blieb Paul
George Wentzel in Newtonards. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde er als
Spion verdächtigt, da man Aufzeichnungen von militärischen Gebieten und
dergleichen bei ihm fand. Auch wenn er seine Unschuld immer beteuerte, wurde er
jedoch nach Ende des Krieges nach Deutschland ausgewiesen.
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