Thursday, 8 October 2015

Whitespots Country Park




Letztens hatten wir wieder so ein Wetter, dass man meinen konnte, die Welt ginge unter. Am Nachmittag brach jedoch zum Glück die dicke graue Wolkendecke ein wenig auf und der Sturm, der hier seit Tagen wütete, war wie von Geisterhand gesteuert plötzlich verschwunden.
Wir beschlossen das Risiko, im Matsch zu versinken, einzugehen und mit den Hunden einen Spaziergang zu machen. Zum Glück haben wir quasi alles, wo man so schön die Seele baumeln lassen kann, bei uns in der Nähe: Berge, Meer, Täler und vieles mehr. Also machten wir uns auf den Weg zu den alten Bleiminen, was heute der „Whitespots Country Park“ in der Nähe des Ortes Conlig ist.

Der von Bäumen völlig überdeckte Weg führte in Schlangenlinie recht steil nach oben. Es war ziemlich düster, da das Wenige an Sonne, das manchmal durch die Baumwipfel schien, nicht bis auf den Weg durchdrang. Ein wenig Bange war mir schon. Nicht nur, weil der Weg so einsam und dunkel war, aber auch, weil der steile Abhang gerne von Gelände-Bikern benutzt wird, um mit ihren Motorrädern da hinunter zu rasen – auch wenn dies strikt verboten ist. Meine Hunde lasse ich aus Sicherheitsgründen deshalb immer angeleint an der langen Leine laufen.
Ich kann mich noch daran erinnern, dass mein Hund Jack sich bei unserem letzten Spaziergang vehement geweigert hatte, auch nur einen Schritt auf dem steinigen und morastischen Weg zu tun. So war es dann auch heute mit unserer Susi. Sie blieb wie angewurzelt stehen. Selbst wenn man sie sanft zog, machte sie keine Anstalten, den sich windenden Weg hochzulaufen. War es aus Sympathie mit dem inzwischen verstorbenen Jack oder hat dieser recht düstere Weg etwas, was den Hunden nicht gefiel? Wie dem auch sei, unser neuer Mitbewohner Chico, ein junger Chihuahua Rüde, kennt scheinbar keine Angst und lief, wie übrigens auch Mini, ganz munter und vergnügt den hügeligen und unebenen Weg nach oben.
Je höher wir kamen, desto weniger wurden die Bäume und der Weg wurde heller. Am Wegesrand hatten sich Farne und Brombeerhecken ausgebreitet. Keine Menschenseele war zu sehen. Es war angenehm still. Man hörte nur das Zwitschern eines Vogels, den ich aber in dem vielen grünen Geäst nicht sehen konnte, und das vertraute Meckern von Schafen in einiger Entfernung, die ich ebenfalls nicht ausmachen konnte.
Oben endlich angekommen, bot sich wieder einmal ein fantastisches Bild, das ich gar nicht mit Worten zu beschreiben vermag. 

Trotz der herrlichen Aussicht wirkte die Gegend allerdings etwas gespenstig. Auf einem der alten verfallenen Türme saß ein Vogel, der sich, als er uns sah, seine Flügel schwingend davon machte. Rechts davon war ein großer kahler Platz auf dem dicke Steinbrocken herumlagen, so als ob sie einst von Riesen dahin geworfen worden waren. So unberührt wie die Natur hier oben war bzw. ist, kann man der Fantasie freien Lauf lassen. Wer weiß, vielleicht feiert ja das „kleine Volk“, wie Feen und andere Naturwesen auch hier genannt werden, dort nachts seine Feste und Rituale.

In einiger Entfernung ist hingegen ein Golfplatz, die es hier in Nordirland überall gibt, und dort sah man ein paar Golfspieler entlang laufen. Das brachte mich dann schnell wieder in die Realität zurück.

Man kann sich gar nicht vorstellen, dass hier einst (seit ca. 1780) eine Mine ware, wo bis Ende des 19. Jh. Blei abgebaut wurde. Damals war dies sogar die größte Mine in ganz Irland. In seinen Bestzeiten waren bis zu 400 Arbeiter dort beschäftigt. Der Lohn für diese Knochenarbeit betrug damals 10 Shilling pro Woche (umgerechnet ca. 70 Cent). Alles, was heute noch an diese einst blühenden Industrie erinnert, sind verfallene Gemäuer, bewachsene Abraumhalden, Tailings (Rückstände von unerwünschtem zerkleinertem Erz) und bedeckte Schächte. Unterirdisch sollen sich noch sechs Meilen an Schächten und Ebenen befinden und noch ca. 1400 – 1600 Tonnen Bleierz, was allerdings zu teuer ist, um es abzubauen.

 

Reste der alten Windmühle, die 1780 gebaut wurde. 
Sie war von der Minengesellschaft zum Korn mahlen übernommen worden


Interessant zu wissen ist vielleicht noch, dass 1910 eine Gruppe deutscher Ingenieure Interesse an der Bleimine bekundeten. Doch es fanden sich keine irischen Investoren und das ganze Unterfangen wurde nach 2 Jahren wieder eingestellt. Während die Deutschen, bis auf einen, zurück nach Deutschland kehrten, um im Ersten Weltkrieg dem Vaterland zu dienen, blieb Paul George Wentzel in Newtonards. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde er als Spion verdächtigt, da man Aufzeichnungen von militärischen Gebieten und dergleichen bei ihm fand. Auch wenn er seine Unschuld immer beteuerte, wurde er jedoch nach Ende des Krieges nach Deutschland ausgewiesen.

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