Monday 28 December 2015

Sylvester in Nordirland

Ich weiß nicht ob das generell für Nordirland gilt, aber hier bei uns in Bangor gibt es an Sylvester kein Feuerwerk. Bislang konnte mir keiner erklären weshalb es das nicht gibt. „Das hat es hier in Nordirland noch nie gegeben“ wird mir immer nur zur Erklärung gesagt. Nun ja, man könnte jetzt sagen, dass es hier in Nordirland in der Vergangenheit sowieso genug „Bombenstimmung“ gab und man auf die Knallerei am Neujahrsabend gut verzichten kann.

Anders als der erste Weihnachtstag, ist Sylvester in Nordirland kein Familientag.

Traditionell geht man auch an diesem Abend ins Pub, natürlich schon ein wenig früher als sonst, um dort mit seinen Freunden, Nachbarn, Bekannten, etc. den Ausgang des alten Jahres zu feiern. Ganz ungewöhnlich ist die Art und Weise wie hier gefeiert wird. Nicht nur, dass die Knallerei fehlt, aber es gibt um Mitternacht auch keinen Sekt – so wie in Deutschland gebräuchlich – mit dem man auf das neue Jahr anstößt. 

 
Stattdessen wird eine alte Tradition, die man aber noch weltweit vorfindet, gepflegt: „Auld Lang Syne“ – ein Lied, das am 31.12 um Mitternacht auf der ganzen Welt bzw. in Englisch sprechenden Ländern gesungen wird. 
Das ursprünglich aus Schottland stammende Lied besteht aus 5 Versen und handelt von Freundschaft und Liebe vergangener Tagen. Der Original Text stammt von Robert Burns. In Englisch heißt  es "old long ago", was man mit "vor langer Zeit" übersetzen könnte.
 
  
Ich finde es sehr schwer zu beschreiben. Die Stimmung, die in den Minuten vor dem neuen Jahr entsteht, ist im wahrsten Sinne des Wortes überwältigend. Vielleicht hat der ein oder andere es schon selbst gesehen, dass Menschen wenn dieses Lied ertönt, von ihren Plätzen aufstehen, sich an den Händen fassen, einen Kreis bilden und in das Lied einstimmen. Vielleicht hat man sich über dieses „Spektakel“ gewundert. Am Ende der letzten Strophe des Liedes verschränkt man seine Arme über der Brust und streckt die rechte Hand aus, um die linke Hand des Nachbarn zu nehmen und mit seiner linken Hand nimmt man die rechte Hand des Nachbarn. Wenn das Lied zu Ende ist, bewegt man sich auf die Mitte zu, wobei man sich immer noch überkreuzt an den Händen hält. Hat man dann in der Mitte wieder einen ordentlichen Kreis gebildet, geht man - mit immer noch verschränkten Armen und die Nachbarn an den Händen fassend - unter den Armen durch, so dass man am Ende mit dem Rücken nach innen im Kreis steht.



Auch in diesem Punkt unterscheidet sich die Sitte drastisch von dem, was ich aus Deutschland gewöhnt bin: Ist das Lied Auld Lang Syne dann zu Ende, geht man auf einander zu, umarmt sich, küsst sich und wünscht sich 
“Have a happy new year!”

  

Mariah Carey singt Auld Lang Syne


Thursday 15 October 2015

Groomsport bei Sonnenschein - Ballymacormick




Während Deutschland mitten im Oktober 2015 von einer Schneedecke überzogen ist, sind wir hier in Nordirland am Schwitzen. Bei herrlichem Herbstwetter, blauer Himmel, Sonnenschein und mindestens 15 Grad warm, haben wir heute ein für uns neues Naturschutzgebiet erforscht.
Das kleine Gebiet Ballymacormick grenzt unmittelbar an das Örtchen Groomsport an (http://carmen-bauer.blogspot.co.uk/2012/09/groomsport.html).



Wenn die Sonne scheint, sieht natürlich alles viel freundlicher aus!






Gestern waren wir schon einmal vor Ort gewesen – da konnten wir zu der kleinen Insel laufen und unseren „Privatstrand“ ganz für uns alleine genießen und die wunderbare Aussicht bestaunen.



  

Doch leider hatte ich meine Kamera nicht dabei gehabt. Heute waren wir bedauerlicherweise zu früh vor Ort. Die Ebbe hatte noch nicht richtig eingesetzt und das Wasser, wenn auch nicht viel, versperrte uns den Weg. Dafür aber hatte ich meine kleine Kamera mitgebracht.
Da wir nicht zu der kleinen Insel laufen konnten, schlugen wir zwangsweise eine andere Richtung ein, die sich landschaftlich als genauso interessant herausstellte.













Und so machten wir uns auf den Weg – im wahrsten Sinne des Wortes!


Obwohl das Areal nicht sehr groß ist, war unser Spaziergang schon irgendwie abenteuerlich, zumal wenn man – wie wir es taten – dann doch nicht auf dem Weg blieb, sondern einfach querfeldein durch Gestrüpp wanderte. 

 Es ging über Stock & Stein, an verblühten Stechginster vorbei, der wie ich sehr schnell spürte, seinen Name zu Recht hat – die Pflanze pikste spürbar durch meine Jeans durch. Die kleinen Felsen hochkrabbelnd wusste man oft nicht, wohin der fast unsichtbare Pfad führte. 



Teilweise war es mir schon etwas mulmig, denn ich dachte daran, dass wir eventuell umkehren müssten, weil das Wasser uns den weiteren Weg versperrte.

Aber wir hatten Glück – die Kraxelei, die an manchen Stellen schon etwas mühsam war, hatte sich rentiert. Und am Ende unseres Rundgangs kamen wir wieder auf unseren ursprünglichen Weg zurück.
 


Nassgeschwitzt aber gut erholt machten wir uns dann nach unserem heutigen abenteuerlichen Rundgang wieder auf den Nachhauseweg. Übrigens vorbei an einer wunderschönen Fuchsienhecke, die hier in Nordirland überall zu sehen sind.


Thursday 8 October 2015

Whitespots Country Park




Letztens hatten wir wieder so ein Wetter, dass man meinen konnte, die Welt ginge unter. Am Nachmittag brach jedoch zum Glück die dicke graue Wolkendecke ein wenig auf und der Sturm, der hier seit Tagen wütete, war wie von Geisterhand gesteuert plötzlich verschwunden.
Wir beschlossen das Risiko, im Matsch zu versinken, einzugehen und mit den Hunden einen Spaziergang zu machen. Zum Glück haben wir quasi alles, wo man so schön die Seele baumeln lassen kann, bei uns in der Nähe: Berge, Meer, Täler und vieles mehr. Also machten wir uns auf den Weg zu den alten Bleiminen, was heute der „Whitespots Country Park“ in der Nähe des Ortes Conlig ist.

Der von Bäumen völlig überdeckte Weg führte in Schlangenlinie recht steil nach oben. Es war ziemlich düster, da das Wenige an Sonne, das manchmal durch die Baumwipfel schien, nicht bis auf den Weg durchdrang. Ein wenig Bange war mir schon. Nicht nur, weil der Weg so einsam und dunkel war, aber auch, weil der steile Abhang gerne von Gelände-Bikern benutzt wird, um mit ihren Motorrädern da hinunter zu rasen – auch wenn dies strikt verboten ist. Meine Hunde lasse ich aus Sicherheitsgründen deshalb immer angeleint an der langen Leine laufen.
Ich kann mich noch daran erinnern, dass mein Hund Jack sich bei unserem letzten Spaziergang vehement geweigert hatte, auch nur einen Schritt auf dem steinigen und morastischen Weg zu tun. So war es dann auch heute mit unserer Susi. Sie blieb wie angewurzelt stehen. Selbst wenn man sie sanft zog, machte sie keine Anstalten, den sich windenden Weg hochzulaufen. War es aus Sympathie mit dem inzwischen verstorbenen Jack oder hat dieser recht düstere Weg etwas, was den Hunden nicht gefiel? Wie dem auch sei, unser neuer Mitbewohner Chico, ein junger Chihuahua Rüde, kennt scheinbar keine Angst und lief, wie übrigens auch Mini, ganz munter und vergnügt den hügeligen und unebenen Weg nach oben.
Je höher wir kamen, desto weniger wurden die Bäume und der Weg wurde heller. Am Wegesrand hatten sich Farne und Brombeerhecken ausgebreitet. Keine Menschenseele war zu sehen. Es war angenehm still. Man hörte nur das Zwitschern eines Vogels, den ich aber in dem vielen grünen Geäst nicht sehen konnte, und das vertraute Meckern von Schafen in einiger Entfernung, die ich ebenfalls nicht ausmachen konnte.
Oben endlich angekommen, bot sich wieder einmal ein fantastisches Bild, das ich gar nicht mit Worten zu beschreiben vermag. 

Trotz der herrlichen Aussicht wirkte die Gegend allerdings etwas gespenstig. Auf einem der alten verfallenen Türme saß ein Vogel, der sich, als er uns sah, seine Flügel schwingend davon machte. Rechts davon war ein großer kahler Platz auf dem dicke Steinbrocken herumlagen, so als ob sie einst von Riesen dahin geworfen worden waren. So unberührt wie die Natur hier oben war bzw. ist, kann man der Fantasie freien Lauf lassen. Wer weiß, vielleicht feiert ja das „kleine Volk“, wie Feen und andere Naturwesen auch hier genannt werden, dort nachts seine Feste und Rituale.

In einiger Entfernung ist hingegen ein Golfplatz, die es hier in Nordirland überall gibt, und dort sah man ein paar Golfspieler entlang laufen. Das brachte mich dann schnell wieder in die Realität zurück.

Man kann sich gar nicht vorstellen, dass hier einst (seit ca. 1780) eine Mine ware, wo bis Ende des 19. Jh. Blei abgebaut wurde. Damals war dies sogar die größte Mine in ganz Irland. In seinen Bestzeiten waren bis zu 400 Arbeiter dort beschäftigt. Der Lohn für diese Knochenarbeit betrug damals 10 Shilling pro Woche (umgerechnet ca. 70 Cent). Alles, was heute noch an diese einst blühenden Industrie erinnert, sind verfallene Gemäuer, bewachsene Abraumhalden, Tailings (Rückstände von unerwünschtem zerkleinertem Erz) und bedeckte Schächte. Unterirdisch sollen sich noch sechs Meilen an Schächten und Ebenen befinden und noch ca. 1400 – 1600 Tonnen Bleierz, was allerdings zu teuer ist, um es abzubauen.

 

Reste der alten Windmühle, die 1780 gebaut wurde. 
Sie war von der Minengesellschaft zum Korn mahlen übernommen worden


Interessant zu wissen ist vielleicht noch, dass 1910 eine Gruppe deutscher Ingenieure Interesse an der Bleimine bekundeten. Doch es fanden sich keine irischen Investoren und das ganze Unterfangen wurde nach 2 Jahren wieder eingestellt. Während die Deutschen, bis auf einen, zurück nach Deutschland kehrten, um im Ersten Weltkrieg dem Vaterland zu dienen, blieb Paul George Wentzel in Newtonards. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde er als Spion verdächtigt, da man Aufzeichnungen von militärischen Gebieten und dergleichen bei ihm fand. Auch wenn er seine Unschuld immer beteuerte, wurde er jedoch nach Ende des Krieges nach Deutschland ausgewiesen.

Tuesday 22 September 2015

Waldspaziergang im Herbst



 

Zum Glück wohne ich in Nordirland im schönen County Down, wo es alles gibt, was Landschaft zu bieten hat: Berge, Meer und Wald. Ganz in unserer Nähe befindet sich ein größeres Waldstück, der Cairn Wood, über den ich auch schon einmal berichtet habe.


 
Im Sommer ist es tatsächlich so, dass man vor lauter Wald die Bäume nicht sieht. Ganz anders ist es hingegen im Herbst. Wenn das Laub abfällt und die wahre Gestalt der Bäume zu sehen ist, dann gibt es für mich sehr viel zu bestaunen.

Das fängt schon mit den faszinierenden Farben und deren einzelnen Nuancen an, die ab Oktober sichtbar werden und deren rote, grüne und gelbe Zusammenstellung man bis weit in den November hinein bewundern kann.



Auch die Luft ist irgendwie anders. Es riecht nach Moder, nach Pilzen, nach Tannen und manchmal sogar auch dezent nach „Parfüm“. Ein Geruch, dem ich bislang noch nicht auf die Schliche gekommen bin. Selbst wenn man in der Ferne manchmal vorbeifahrende Autos hören kann, so habe ich doch immer das Gefühl, hier „frei durchatmen“ zu können. Ich sag‘ ja – wenn man Luft essen könnte, würde diese hier sehr gut schmecken!
 









Gigantische Bäume und bizarre Formen laden ein zum Staunen



Im Wald selbst angekommen, hat man die Qual der Wahl, welchen Weg man einschlagen soll. 














 
Selbstverständlich gibt es Wegweiser, denen man folgen kann. Viele Wege sind allerdings jetzt im Spätherbst mit allerlei Laub bedeckt, so dass sie nur schwer als solche zu erkennen sind. Es ist von daher ein echtes Abenteuer solche Wege entlang zu laufen, denn man weiß nie, wohin sie führen.


Verschlungene Wege und geheimnisvolle Pfade laden ein zum Abenteuer













Orkanartige Stürme, die es hier öfter gibt, haben auch im Wald ihre Spuren hinterlassen und manch einen der Bäume einfach umgefegt. Die Riesen bleiben an Ort und Stelle liegen und werden im Laufe der Zeit von saftig grünem Moos bewachsen. Der ganze Wald ist dadurch auch von Gräben und Furchen durchzogen und kleine Bäche bannen sich ihren Weg durch das Dickicht. 




Im Wald da sind die Räuber-
wer haust denn hier?



Irland - die grüne Insel. Selbst im tiefsten Dunkel des Waldes wächst noch reichlich Grünes
Und wenn man am Ende seines  Spazierganges angelangt ist, kann man auf einen der Holzbänke eine kleine Rast einlegen, bevor man den Wald wieder verlässt.